

Bekenntnisse eines Sneakerheads

«ogmike» arbeitet bei Galaxus und hat ein aussergewöhnliches Hobby: Er sammelt Sneaker. Was er nach 30 Jahren in der Szene so alles zu erzählen hat, erfährst du hier.
Für viele sind Sneaker einfach nur bequeme Schuhe. Maximal ein modisches Accessoire, das ein Outfit komplettiert. Dann gibt es noch die wenigen, für die Sneaker so viel mehr repräsentieren: Sneakerheads. Als Sneakerhead bezeichnet man eine Person, die limitierte und spezielle Sneaker sammelt und über ein immenses Hintergrundwissen zu diesem Thema verfügt. «ogmike» ist ein solcher jemand. Sein Szenen-Name «ogmike» steht übrigens für «Original Mike». Zeit ihm ein paar neugierige Fragen meinerseits zu stellen.
Fangen wir doch mit einer klischeehaften Frage an: Sneaker faszinieren dich weil …?
ogmike: … sie geschichtlich gesehen das Statussymbol der Strasse sind.
Deine ersten Sneaker?
Das erste Paar Sneaker, das ich mir ganz bewusst und von meinem Selbstersparten gekauft habe, waren Air Jordans 4. Ich war damals 15 und der Laden, in dem ich sie gekauft habe, hiess «Small World» und befand sich im Niederdorf.
Hand aufs Herz: Wie steht es volumentechnisch um deine Sammlung?
Früher hatte ich so viele, dass ich dir die Frage nicht hätte beantworten können. Heute beschränke ich mich lediglich auf die Modelle, die mir wirklich gefallen und Freude bereiten. Schuhe sind leider nicht für die Ewigkeit gemacht. Mit der Zeit vergilben sie, bröckeln auseinander. Und das, obwohl sie nie getragen wurden. Tatsächlich weisen Schuhe, die getragen werden, eine viel höhere Lebensdauer auf als jene, die man bloss daheim ausstellt. Zurzeit bunkere ich sie in drei zweitürigen Schränken. Pro Doppeltüre kann ich etwa 70 Paare unterbringen.
Wie meinst du zum Thema «doppelt hält besser»?
Es gibt tatsächlich Modelle, die ich doppelt kaufe. So kann ich ein Paar guten Gewissens tragen und das andere daheim ausstellen.
Wie reagiert eigentlich dein Umfeld auf dieses aussergewöhnliche Hobby?
Mit Kopfschütteln.
Dein liebster Hersteller?
Nike. Um genauer zu sein, der Jordan Brand.
Vervollständige bitte diesen Satz: Der vollkommene Sneaker muss …
…selbstschnürend und so leicht sein, dass man ihn am Fuss kaum spürt. Oh, und leuchten sollte er auch.
Ein «fun fact» aus früheren Szene-Zeiten?
Mein Name in der Szene war damals noch sneakerpimp21.
Deine drei liebsten Sneaker auf der Welt sind …?
Der Hyper Adapt, der Jordan 4 in der Farbe Cement Grey und der Air Max 1.




Wie viel haben die teuersten Sneaker, die du je besessen hast, gekostet?
Naja, sagen wir es so: Ich konnte sie gegen 40 andere Sneaker eintauschen.
Welches sind mit Abstand hässlichsten Sneaker, die du je gesehen hast?
Jene aus der Zusammenarbeit von Adidas und Jeremy Scott: Teddy Bear. Scheusslich.

Wie hältst du dich auf dem Laufenden, was neue Modelle anbelangt?
Interessant ist der Vergleich von früher zu heute. Damals vor 30 Jahren waren Rap- und Hip-Hop-Videos sowie Heftchen unsere einzige News-Quellen. Auch waren mehr Gerüchte im Umlauf, denen man einfach Glauben schenken musste. Heute ist das anders: Ich benutze verschiedene Apps wie zum Beispiel «unlaced». Dort findet man einen Release-Kalender und sogar Links, unter denen man die kommenden Modelle dann auch gleich kaufen kann. Du siehst, früher musste man mehr Zeit und Mühe investieren, um sich Informationen zu beschaffen.
Gibt es in der Sneaker-Szene auch Unter-Gruppierungen?
Ja, die gibt es. Da wäre einerseits die Basketball-Szene. Die wurde beeinflusst durch die Jordans Reihe von Nike. Dann gibt es noch die Hyperbeasts, das sind Sneakerheads, die einen Schuh lediglich dann kaufen oder tragen, wenn er einen hohen Wiederverkaufswert hat oder von Kanye West getragen wird. Und dann gibt es noch die Runner-Szene. Man muss sich die in etwa als die «Alternativen» der Sneaker Szene vorstellen. Sie fokussieren sich auf Rennschuhe.
Hast du eigentlich auch schon mal vor einem Laden campiert, um als erster an ein limitiertes und oder neues neues Modell ranzukommen?
Jep. Ich bin in der Vergangenheit aber auch vielfach für nur eine Nacht nach New York und London geflogen, um an begehrte Kicks heranzukommen, die es in der Schweiz nicht gab. Da meine Mutter zu der Zeit für die Swissair arbeitete, war das finanziell gesehen verkraftbar.
Was war denn in deinen Augen das Verrückteste, das du je für deine Sneaker getan hast?
Als ich 1992 in Harlem, NY war, und mir ein neues Paar Sneaker gekauft hatte, stand vor dem Laden eine Gang. Damals war es in New York keine Seltenheit, dass einem die Schuhe von den Füssen geklaut wurden. Die Dinger sind ja einiges wert. Mir war also klar, was sie von mir wollten. Ich stellte mich wegen meines Akzents taubstumm und sie liessen mich tatsächlich in Ruhe und zogen weiter.
Ab wann darf man sich deiner Meinung nach einen Sneakerhead nennen?
Wenn man die Geschichte hinter den Kicks kennt und eigene Erlebnisse wegen der Schuhe vorzuweisen hat.
Was passiert bei dir eigentlich mit schmutzigen, abgenutzten Sneakern?
Wenn ich ehrlich bin, sind meine Sneaker nie dreckig. Ich vermeide es auch, mit ihnen über Gras zu laufen. Auch beim Autofahren kann ich nicht alle tragen. Zudem wechsle ich sie so häufig, damit es gar nicht erst so weit kommt. Vergilbte Modelle bringe ich zur professionellen Aufbereitung. Ausserdem habe ich im Laufe der Zeit eine neue Gangart entwickelt, bei der keine Falten am Schuh entstehen. Dabei wird das Abrollen des Fussballens so gut wie möglich vermieden. Tatsächlich gibt es sogar Leute, die ein Stück Plastik vorne in die Schuhe reinschieben, um keine Falten entstehen zu lassen. Das wäre mir aber zu unbequem, zudem muss man die Schuhe für diese Technik eine halbe Nummer grösser kaufen.
Fotocredit: ogmike
Unsere Sneaker findest du hier
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Als Disney-Fan trage ich nonstop die rosarote Brille, verehre Serien aus den 90ern und zähle Meerjungfrauen zu meiner Religion. Wenn ich mal nicht gerade im Glitzerregen tanze, findet man mich auf Pyjama-Partys oder an meinem Schminktisch. PS: Mit Speck fängt man nicht nur Mäuse, sondern auch mich.