

Bartöl: Reden wir mal so unter uns Männern // Update 01.05.2018

Männer haben Bärte. Einige Frauen auch. Letztere rasieren sich eher, Männer müssen sich um die Pflege ihrer Gesichtsbehaarung kümmern. Der wohl einfachste Weg: Bartöl.
Männer, wir müssen reden.
Wenn wir in die Pubertät kommen, dann spriessen uns Haare im Gesicht. Anderswo auch, aber über die reden wir heute nicht. Morgen vielleicht. Eher nicht. Wir widmen uns heute deinem Bart. Warum mach ich das? Da unsere gesamte Beauty-Redaktion aus Frauen mit dem Namen Natalie Hemengül besteht, hat sie mich gebeten, über Bartöl zu schreiben. So als Mann.
Okay, kann ich machen.
Was dir da im Gesicht spriesst
Der Bart ist zwar verdammt schick und männlich, aber evolutionär mehr oder weniger ein Abfallprodukt. Weil, sind wir ehrlich: Auch wenn wir wie Holzfäller aussehen, die zum Zmorge mit Bären Faustkämpfe austragen, direkt nützlich ist so ein Bart nicht. Essensreste verfangen sich darin und manchmal juckt die Haut darunter furchtbar. Je nach dem, wer dein Freund oder deine Freundin ist, kann es auch sein, dass er oder sie sich gegen Bärte ausspricht.

Die Überflüssigkeit eines Bartes wird sogar von der Wissenschaft bestätigt. Er sei, genau wie unsere Körperbehaarung ein Überrest aus Zeiten, in denen Menschen der Umwelt wegen noch haariger sein mussten. Weitere Überreste findet jeder Mensch an seinen Beinen, Armen, im Geschlechtsbereich und Männer haben haarige Brustkörbe. Manchmal auch Rücken.
Trotzdem: Ich mag meinen Bart und er soll bleiben.
Was ich für meinen Bart tun kann
Eigentlich muss ich nichts tun, damit mein Bart weiter wächst und einigermassen gut aussieht. Doch unter dem Bart wird meine Haut manchmal juckend und beim Stutzen meiner Gesichtsfrisur wird es irgendwann dann schmerzhaft, wenn sich die Barthaare verknoten.
Die Lösung für dieses Problem wurde mir an der Tattoo-Messe in Bern vor einigen Jahren angeboten: Bartöl. Wenn wir es genau wollen, dann ist es das Öl der Schweizer Marke Mootes, das es mir dann angetan hat. Denn es trägt den Namen «North Laine». Der Name einer Strasse in meiner britischen Lieblingsstadt Brighton, wo kleine Lädeli sich seit Jahrzehnten wacker halten und sich gegen die fortschreitende Globalisierung wehren, indem sie einfach nett und gut sind.

Quelle: stepin.de
Das Öl verspricht viel: Nicht nur soll dein Bart nicht mehr so borstig sein, sondern die Haut darunter soll auch noch gepflegt werden und dazu auch noch gut riechen. Denn keiner mag stinkende Männer.
Kurz: Bartöl ist nicht nur etwas für komische Hipster, die irgendwie eine noch uncoole Version eines Parfüms gesucht haben. Bartöl pflegt deine Haut, hält deinen Bart sauber und die Barthaare verknoten sich weniger.
Wie du Bartöl anwendest
Die Anwendung eines Bartöls ist einfach. Denn ehrlich, wenn das kompliziert wäre, dann hätte ich dem Konzept Bartöl schon längst abgeschworen. Stattdessen sind die kleinen Fläschchen zur Standardeinrichtung meines Badezimmers geworden.
- Einige Tropfen Bartöl in die hohle Hand tröpfeln
- Je mehr Bart desto mehr Öl
- Hände zusammenreiben
- Geölte Hände durch den Bart fahren
- Öl einmassieren
- Fertig
Das ganze geht kaum länger als 30 Sekunden jeden Morgen.
Die Sache mit den Düften und die grosse Ausnahme
Wenn du an «Duft» denkst, dann kommt dir wahrscheinlich der überwältigende Geruch einer Import-Parfümerie-Filiale oder der nur wenig angenehmere Duft eines Lush-Shops ein. Überwältigend, süss und per Erziehungsdogma sehr weiblich.
Bartöle hingegen sind nur für Männer gemacht, da Frauen in den meisten Fällen keine Bartbehaarung haben. Das bedeutet, dass sich auch die Duftwelt massiv von der der Parfümindustrie unterscheidet. Sprich, die düfte sind oft herber und trockener. Ausser sie enthalten Patchouli, was immer etwas Weichheit bringt.
Die Ausnahme hier ist Mootes.


Mootes bricht mit der maskulin-ausser-Patchouli-Tradition. North Laine kommt mit einer echt süssen Weihrauchnote daher, das den Duft süsser und leichter wirken lässt, ohne dabei an Männlichkeit einzubüssen. Gleich nach dem Auftragen trifft dich der Duft hart in der Nase aber sobald das Öl einige Minuten an der Luft war, verpufft dieser zu weiten Teilen und zurück bleibt so eine dezente Duftnote, die dich den Tag hindurch begleitet.
Auf der Kehrseite ist da Big Red. Der kanadische Hersteller, der sich damit brüstet, dass er alle Produkte in kleinen Mengen in British Columbia herstellt. Von Hipstern mit Bärten. Mindestens. Das Problem mit Big Red ist, dass sie den Ansatz der Männlichkeit zu weit verfolgen. Es scheint mir so, als ob sie jede interessante Duftnote gestrichen haben, weil das eventuell irgendwie weiblich sein könnten. Das Resultat ist ein platter, nuancenloser Duft, der nach frisch in die Schüssel geschütteten Cornflakes ohne Milch riecht.
Das ist wohl Absicht. Denn auf seiner Website gibt der Hersteller zu, bewusst ein Understatement in Punkto Duft gesetzt zu haben.
It is lightly scented so as not to offend the senses but to offer a pleasing, subtle scent throughout the beard.
Verstehe ich im Kontext der Bartöle mit wenigen Ausnahmen nicht. Denn kein Bartöl will dem Duft einer Import-Parfümerie Konkurrenz machen.
Geheimtipps über Geheimtipps
Das ist ja schön und gut, aber die Welt der Bartöle ist gross. Doch das Marketingbudget der meisten Bartpflegeproduktehersteller – was für ein Wort – ist verschwindend klein. Zudem steht wohl kein Bärtiger auf grosse Werbung, vor allem da die Zielgruppe klar so das Hipster-Volk ist. Daher sprechen sich die tollen Marken oft nur via Geheimtipp durch Bars, in denen keine zwei Stühle gleich sind und eine Menge Holzfäller rumsitzen, die noch nie eine Axt gesehen haben.
Nebst Mootes, die in der Schweiz wohl längst kein Geheimtipp mehr sind, empfehle ich vor allem zwei Marken. Die eine kommt aus Schottland und heisst Braw Beard Oils. Braw Beard Oils ist aus einem Unfall entstanden. Der schottische Mountainbiker John Jackson hat sich im Training zwei Wirbel im Rücken gebrochen. Da die Brüche aber stabil waren, hat er sich «aus purer Dummheit» dazu entschlossen, an einem Rennen teilzunehmen. Es sind fünf Monate Rehabilitation gefolgt, während denen Jackson gelernt hat, mit Ölen umzugehen und selbst duftende Tinkturen zu mischen. Das war im Jahr 2011. Sieben Jahre später hat John Jackson neun Öle im Angebot, die alle auf Basis von Hanföl und angereichert mit Düften deinen Bart pflegen.

Mein absoluter Favorit und absoluter Geheimtipp: Vikingr. Vikingr ist eine isländische Marke, die es unter Umständen nicht mehr gibt. Die Website ist kaputt und auf meine Mails reagiert keiner. Gekauft habe ich mir die eine Flasche, die ich habe und deren kümmerlichen Rest ich mir für ganz besondere Gelegenheiten wie Familienfeste, Vorstellungsgespräche oder Dates aufspare, in Reykjavik. Hätte ich gewusst, wie rar die Fläschchen sind, hätte ich mir mehr gekauft.
Vikingr besteht aus zwei Männern: Þór und Óðinn – die beiden schwören, dass das Zufall und die Wahrheit sei. Sie sind Freunde seit dem Kindesalter, Enthusiasten für die Geschichte von Wikingern und haben in ihrem Berufsleben die Bartpflege für sich entdeckt. Oder hatten sie entdeckt, je nach dem, ob es die Firma noch gibt. Ihr Motto ist klar: Wenn es die Wikinger nicht hatten, dann will Vikingr die Zutat auch nicht.
Daher eine Bitte in eigener Sache: Wenn du weisst, wo ich Vikingr herbekommen kann, dann lass es mich wissen. Vielleicht kennst du jemanden in Island? Oder gehst selbst hin? Ich zahl auch dafür.
So. Fertig. Bleibt geschmeidig, Jungs.
Und wenn du wissen willst, wie ich die Fotos in diesem Artikel hingekriegt habe, ich habe drüben auf digitec den Shoot beschrieben.
Update 29.01.2018: Vikingr konkurs
News aus Island via unsere Französisch-Übersetzerin Anne Chapuis: Vikingr ist laut einer unbestätigten Information konkurs gegangen. Ich werde mich dransetzen, die Restbestände aufzuspüren und bei mir zu Hause zu bunkern.
Update 01.05.2018: Vikingr wieder online?
User zeljko1979 meldet, dass ByVikingr, die offizielle Seite Vikingrs wieder online ist.


Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.